Freitag, 22. Juli 2011
115 Grad heiss
Feucht heisse Tage kündigen sich am frühen Morgen an, wenn die Sonne aufgeht in einem Dunst aus Feuchtigkeit. Es herrscht dann meistens auch totale Windstille, wie hier in unserem Creek, dem "Mill Creek" bei Solomons (MD). Das beste ist, der zu erwartenden Hitze zu enfliehen wie der Kälte im Winter: Man flüchtet in ein Haus und bleibt dort den ganzen Tag, schaltet nur hin und wieder den Wetterkanal ein, um sich wohlig erschrecken zu lassen von der "gefühlten" Hitze, die natürlich höher liegen sollte als die "echte", sonst wird aus der News nie eine Schlagzeile. Die lokalen TV-Stationen setzen noch einen drauf: Sie sind mit kleinen "Messpistolen" unterwegs und messen alles, was ihnen vor die Kamera kommt, auch den heissen Asphalt. Das gibt dann sensationelle Zahlen. Heute, am 22. Juli, soll es bis zu 105 Grad warm werden, umgerechnet in Celsius sind das gut 40 Grad, "gefühlt" sollen es gar 115 Grad sein oder 46 feucht-heisse Celsius-Grade.
Mittwoch, 20. Juli 2011
Ein Gewitter wie im Film
Ich behaupte, dass in Amerika die Gewitter gewaltiger sind, die Blitze heller, die Donnerschläge knallender als in der übrigen Welt. Die Gewitter hier sind genau so, wie wir sie aus den alten Filmen kennen, wo sintflutartige Regenfälle eine Frau und einen Mann heimsuchen, sie mit Kopftuch, er mit breitkrempigem Hut, nachts im Licht eines Autoscheinwerfers. Wir dachten jeweils, dass die Hollywood-Regisseure übertreiben würden mit ihren Blitzen und den Regengüssen der freiwilligen Feuerwehr. Das stimmt nicht, die Film-Gewitter sind meiner Meinung nach den echten bedrohlich genau nachempfunden .
Doch vielleicht übertreibe ich und habe nur Schweizer Berggewitter vergessen, die ich als Primarschüler in der Ferienkolonie in Graubünden erlebte, wenn wir atemlos in unseren Betten lagen im grossen Schlafsaal und nicht wagten „einundzwanzig“ zu zählen, weil der Donner praktisch zeitgleich mit dem Blitz vom Piz Beverin auf uns nieder ging.
Item: Als ich gestern abend plötzlich eine mächtig schwarze Himmelswand durch das Fenster meines Restaurants in Lusby erblickte, ging mir ein kleiner Schreck durch die Knochen und vor dem geistigen Auge spielte sich in Sekundenschnelle ab, was ich im folgenden erleben sollte. Ich verlangte hastig nach der Rechnung und ging ins Freie. Ich hatte eine halbe Stunde Fussmarsch vor mir, ein Teil durch offenes Feld. Bald erblickte ich bei einem furchtsamen Zurückschauen den ersten langen und blankweissen Blitz, der nur wenig entfernt senkrecht in den Boden stach. Und auch vor mir waren immer wieder ähnliche Ungetüme von elektrischem Licht zu sehen. Ich zählte einundzwanzig und kam bis 26 – was ich als beruhigend empfand Ich rief nun Agnes an, die in Washington geblieben war, um mich nach der Richtung des Gewitters zu erkundigen. Ich erhoffte davon weitere Beruhigung. Doch weit gefehlt: Auf dem Radar, so berichtete meine Wetterfee, sei zu sehen, wie eine rot-orange-grüne Suppe sich von Dunkirk südlich Richtung Solomons verschiebe. Das war nun bad news. Und wie zur Bestätigung des Wetterberichts hob jetzt ein Wind an. Die Autos fuhren mit Licht und vor mir überquerte ein Mann die Strasse mit einer Taschenlampe, obschon es noch nicht richtig dunkel war und verschwand in einem Haus ohne Licht. Stromausfall?
Nun waren die ersten Tropfen zu spüren und einem hellen Blitz folgte ein erst hell knisternder, dann knallender Donner auf dem Fusse, sodass ich wie in der Ferienkolonie kein fertig gezähltes „Einundzwanzig“ mehr zusammen brachte. Gleichzeitig kam die Wegpassage über freies Feld und ich dachte, es wäre schon blöd, ein Jahr nach der Pensionierung von einem Blitz erschlagen zu werden. Nichts geschah jedoch in den kritischen Minuten, da ich ein offenes Ziel für die Gewittergötter war. Doch nun begann es richtig zu regnen; ich begann zu traben, um mich rasch ins nahe Waldstück zu retten, die letzten 10 Minuten des Weges.
Während ich auf der noch trockenen Waldstrasse lief, begann sich eine Sintflut in die Baumkronen zu ergiessen, wie es nur die Frau mit dem Kopftuch in dem alten Film erlebt hat und ihr Partner, Humphrey Bogart wahrscheinlich. Das Baumwerk verlor schnell seine anfängliche Undurchlässigkeit. Ich wurde total nass von einem erstaunlich warmen Regen.
Als ich endlich beim Bootssteg ankam, war unsere „Miranda“ kaum zu sehen in dem Regennebel. Die Lucken hatte ich noch bei schönstem Wetter geschlossen, wie wir das immer tun, um nicht unterwegs Gewissensbisse zu kriegen.
Den Rest des Gewitters betrachtete ich dann angstfrei durch den offenen Niedergang. Bald fühlten sich die Regentropfen kühler an auf der Haut, die Sicht wurde besser im stillen Creek, wo nun auch wieder Wasservögel zu sehen waren. Blitz, Donner und auch der Regen liessen nach. Das Gewitter war vorbei.
Doch vielleicht übertreibe ich und habe nur Schweizer Berggewitter vergessen, die ich als Primarschüler in der Ferienkolonie in Graubünden erlebte, wenn wir atemlos in unseren Betten lagen im grossen Schlafsaal und nicht wagten „einundzwanzig“ zu zählen, weil der Donner praktisch zeitgleich mit dem Blitz vom Piz Beverin auf uns nieder ging.
Item: Als ich gestern abend plötzlich eine mächtig schwarze Himmelswand durch das Fenster meines Restaurants in Lusby erblickte, ging mir ein kleiner Schreck durch die Knochen und vor dem geistigen Auge spielte sich in Sekundenschnelle ab, was ich im folgenden erleben sollte. Ich verlangte hastig nach der Rechnung und ging ins Freie. Ich hatte eine halbe Stunde Fussmarsch vor mir, ein Teil durch offenes Feld. Bald erblickte ich bei einem furchtsamen Zurückschauen den ersten langen und blankweissen Blitz, der nur wenig entfernt senkrecht in den Boden stach. Und auch vor mir waren immer wieder ähnliche Ungetüme von elektrischem Licht zu sehen. Ich zählte einundzwanzig und kam bis 26 – was ich als beruhigend empfand Ich rief nun Agnes an, die in Washington geblieben war, um mich nach der Richtung des Gewitters zu erkundigen. Ich erhoffte davon weitere Beruhigung. Doch weit gefehlt: Auf dem Radar, so berichtete meine Wetterfee, sei zu sehen, wie eine rot-orange-grüne Suppe sich von Dunkirk südlich Richtung Solomons verschiebe. Das war nun bad news. Und wie zur Bestätigung des Wetterberichts hob jetzt ein Wind an. Die Autos fuhren mit Licht und vor mir überquerte ein Mann die Strasse mit einer Taschenlampe, obschon es noch nicht richtig dunkel war und verschwand in einem Haus ohne Licht. Stromausfall?
Nun waren die ersten Tropfen zu spüren und einem hellen Blitz folgte ein erst hell knisternder, dann knallender Donner auf dem Fusse, sodass ich wie in der Ferienkolonie kein fertig gezähltes „Einundzwanzig“ mehr zusammen brachte. Gleichzeitig kam die Wegpassage über freies Feld und ich dachte, es wäre schon blöd, ein Jahr nach der Pensionierung von einem Blitz erschlagen zu werden. Nichts geschah jedoch in den kritischen Minuten, da ich ein offenes Ziel für die Gewittergötter war. Doch nun begann es richtig zu regnen; ich begann zu traben, um mich rasch ins nahe Waldstück zu retten, die letzten 10 Minuten des Weges.
Während ich auf der noch trockenen Waldstrasse lief, begann sich eine Sintflut in die Baumkronen zu ergiessen, wie es nur die Frau mit dem Kopftuch in dem alten Film erlebt hat und ihr Partner, Humphrey Bogart wahrscheinlich. Das Baumwerk verlor schnell seine anfängliche Undurchlässigkeit. Ich wurde total nass von einem erstaunlich warmen Regen.
Als ich endlich beim Bootssteg ankam, war unsere „Miranda“ kaum zu sehen in dem Regennebel. Die Lucken hatte ich noch bei schönstem Wetter geschlossen, wie wir das immer tun, um nicht unterwegs Gewissensbisse zu kriegen.
Den Rest des Gewitters betrachtete ich dann angstfrei durch den offenen Niedergang. Bald fühlten sich die Regentropfen kühler an auf der Haut, die Sicht wurde besser im stillen Creek, wo nun auch wieder Wasservögel zu sehen waren. Blitz, Donner und auch der Regen liessen nach. Das Gewitter war vorbei.
Montag, 18. Juli 2011
In der Umerziehung
Wir werden unseren Grosskindern einmal erzählen, dass es früher in den Supermärkten Menschen gegeben hat, die unsere Orangen und Bananen, die Kartoffel-Chips und das Geflügel einscannten und am Ende das Geld für den Einkuaf kassierten. Denn seit kurzem macht sich in den USA ein System breit, das keine Kassierinnen mehr braucht: Der Self-check-out. Diese unbedienten Kassen sind bald so häufig wie der Self Check-in auf dem Flughafen.Bisher habe ich beim Einkauf das neue Teufelszeug wenn immer möglich gemieden, doch nun merke ich, dass die Betreiber der Supermärkte eine raffinierte Strategie anwenden, um mich langsam aber konsequent umzuerziehen: Sie verknappen bewusst die Zahl der bedienten Kassen und bieten dafür immer mehr Maschinen an. Heute Nachmittag zum Beispiel waren bei „Shoppers“ in College Park nur gerade zwei bediente Kassen offen, vor denen sich lange Schlangen bildeten. An den sechs Self-Checkout-Stationen hingegen herrschte kein Gedränge. Und so entschied ich mich zwecks zügiger Erledigung des Einkaufs und unter Vermeidung von Wartezeit halt für eine dieser Selbst-Kassier-Maschinen.
Da ich schon ein paar Mal wegen langer Schlangen weich geworden bin und selber gecannt habe, bin ich mittlerweile ziemlich gewandt und muss den Kaffeerahm nicht mehr um alle Ecken drehen, um den „SKU“ zu finden. Mit einem gewissen Stolz kann ich sagen, dass ich auch schwierige Scans hinkriege, zum Beispiel den unebenen Strichcode auf der Cellophan-Packung meiner Lieblings-Brezel. Man muss – wie die „richigen“ Kassierinnen – den Code nur mit den Händen etwas strecken und glätten, dann geht’s bestens.
Laut offizieller Statistik (http://www.bls.gov/oco/cg/cgs024.htm) gibt es landesweit 850 000 Kassiererinnen und (erstaunlich viele) Kassierer. Es ist klar, dass die meisten von ihnen über kurz oder lang ihren Job verlieren, wenn der neue Trend – wenig bediente Kassen, viele Self check outs – weiter forciert wird. Kommt eigentlich nur darauf an, wie schnell wir uns umerziehen lassen.
Da ich schon ein paar Mal wegen langer Schlangen weich geworden bin und selber gecannt habe, bin ich mittlerweile ziemlich gewandt und muss den Kaffeerahm nicht mehr um alle Ecken drehen, um den „SKU“ zu finden. Mit einem gewissen Stolz kann ich sagen, dass ich auch schwierige Scans hinkriege, zum Beispiel den unebenen Strichcode auf der Cellophan-Packung meiner Lieblings-Brezel. Man muss – wie die „richigen“ Kassierinnen – den Code nur mit den Händen etwas strecken und glätten, dann geht’s bestens.
Laut offizieller Statistik (http://www.bls.gov/oco/cg/cgs024.htm) gibt es landesweit 850 000 Kassiererinnen und (erstaunlich viele) Kassierer. Es ist klar, dass die meisten von ihnen über kurz oder lang ihren Job verlieren, wenn der neue Trend – wenig bediente Kassen, viele Self check outs – weiter forciert wird. Kommt eigentlich nur darauf an, wie schnell wir uns umerziehen lassen.
Sonntag, 17. Juli 2011
Die Erfindung der Ampel
Wenn das Lichtsignal endlich auf Grün wechselt, ist es den meisten von uns herzlich egal, wer das System erfunden hat. Ehrlich gesagt auch dann, wenn die Ampel auf Rot steht. Man denkt sich nichts dabei - bis am Samstag, 16. Juli, kurz vor 11 Uhr morgens, als wir vor dem Lichtsignal im kleinen lokalen Museum in Syracuse im Bundesstaat New York stehen. Und auf einer Tafel lesen, dass hier, in dieser Stadt, die Erfindung gemacht worden ist, die Rot und Grün zum Inbegriff von Stillstand und Bewegung werden liess.
1924 also sei die Ampel erfunden worden, steht da. Im Original lautet der Text: „Crouse and Hinds' best known invention is the traffic light, first installed in Syracuse at the corner of James and State Streets in 1924.” Ein bisschen spät, denke ich und schaue zu Hause auf Wikipedia nach. In der Tat eine museale Falschangabe: Erste Versuche mit Lichtsignalen gehen bereits zurück aufs Jahr 1868 in England. Und das erste traffic light in Amerika soll 1912 in Salt Lake City installiert worden sein, die Erfindung eines Polizisten übrigens, falls man den Angaben glauben darf. Interessanterweise nimmt nicht einmal die im Museumstext erwähnte Firma „Crouse and Hinds“ für sich in Anspruch, die Erfindung gemacht zu haben, wie eine weitere kleine Recherche ergibt. Das Unternehmen fabriziert noch immer Verkehrsanlagen, heute unter dem Namen „Cooper Industries“. Nach dieser Computerarbeit bin ich etwas belämmert, weil ich bisher felsenfest an die Wahrheit von Tafeln geglaubt habe, die in Museen dem Publikum präsentiert werden. Ich hätte nie gedacht, dass ausgerechnet in der Frage der Erfindung des Lichtsignals die Wahrheitsampel abrupt auf Rot schalten und eine Falschmeldung enthüllen würde.
1924 also sei die Ampel erfunden worden, steht da. Im Original lautet der Text: „Crouse and Hinds' best known invention is the traffic light, first installed in Syracuse at the corner of James and State Streets in 1924.” Ein bisschen spät, denke ich und schaue zu Hause auf Wikipedia nach. In der Tat eine museale Falschangabe: Erste Versuche mit Lichtsignalen gehen bereits zurück aufs Jahr 1868 in England. Und das erste traffic light in Amerika soll 1912 in Salt Lake City installiert worden sein, die Erfindung eines Polizisten übrigens, falls man den Angaben glauben darf. Interessanterweise nimmt nicht einmal die im Museumstext erwähnte Firma „Crouse and Hinds“ für sich in Anspruch, die Erfindung gemacht zu haben, wie eine weitere kleine Recherche ergibt. Das Unternehmen fabriziert noch immer Verkehrsanlagen, heute unter dem Namen „Cooper Industries“. Nach dieser Computerarbeit bin ich etwas belämmert, weil ich bisher felsenfest an die Wahrheit von Tafeln geglaubt habe, die in Museen dem Publikum präsentiert werden. Ich hätte nie gedacht, dass ausgerechnet in der Frage der Erfindung des Lichtsignals die Wahrheitsampel abrupt auf Rot schalten und eine Falschmeldung enthüllen würde.
Sonntag, 10. Juli 2011
Allein unterwegs nach Annapolis und zurück
Zum erstenmal war ich mit unserem Boot allein unterwegs, also ohne Agnes, die Co-Skipperin, und ohne ein anderes Crewmitglied. Ich musste unsere „Miranda“ nach Annapolis bringen, wo die Chesapeake-Rigging-Company zu Hause ist und wo das Boot neue Stahlseile, Wanten und Stage, bekam. Das Bild rechts zeigt eine kritische Phase bei dieser Arbeit, während der die Rollfockanlage frei seitlich links am Boot hängt, um dann vorne am Bug befestigt zu werden.
Nach der anderthalbtägigen Arbeit von zwei Riggern ging’s wieder zurück nach Solomons. Alles ging gut. Der neue Autopilot steuerte klaglos. Zwei grosse Unterschiede allerdings stellte ich fest:
- Bei der Ansteuerung Richtung Annapolis, kurz nach dem Lighthouse, das meinen Namen trägt („Thomas Point Lighthouse“), konnte ich eine rote Tonne nicht finden und meine GPS-Route gab an, dass ich sie bereits passiert hätte. Allein laut Karte und Positionsbestimmung darauf traf dies nicht zu. In dieser Situation konnte ich mich unmöglich für längere Zeit diesem Navigationsproblem widmen. Denn da war niemand, der während der Zeit Ausguck hätte halten können, angesichts des regen Verkehrs auf dem Wasser unabdingbar. Ich nahm dann die Karte ins Cockpit, studierte sie und sah mit dem Feldstecher ein grünes Seezeichen; der Vergleich mit der Karte stimmte und so setzte ich fröhlich den neuen Kurs. Lehre daraus: Wer allein ist, darf sich nicht in letzter Minute („Position schon passiert?“) mit der Navigation (und einem falsch eingegebenen Wegpunkt im GPS) befassen.
- Das zweite Problem ist das An- und Ablegen. Da allein, gab ich bei der Abfahrt nicht einfach Gas, um vom Steg wegzukommen, sondern schob das Boot mit der Hand vom Steg weg, schön langsam, damit ich keine anderen Boote touchieren oder dies rechtzeitig erkennen würde. Das gelang gut, auch deshalb, weil es um 5 Uhr morgens keinen Wind hatte. Die Navigation bei der Ankunft in Solomons war einfach, weil ich dort schon hundertmal angekommen war. Und als ich an unserem Steg anlegte, war Paul bereits die Treppe herunter gekommen von seinem Haus, um mir zu helfen. Ein kühles Bier hatte er auch dabei. Die Lehre daraus: Keine, mir schien aber, das Bier hätte ich nach gut 10 Stunden und 43.5 Meilen echt verdient.
Nach der anderthalbtägigen Arbeit von zwei Riggern ging’s wieder zurück nach Solomons. Alles ging gut. Der neue Autopilot steuerte klaglos. Zwei grosse Unterschiede allerdings stellte ich fest:
- Bei der Ansteuerung Richtung Annapolis, kurz nach dem Lighthouse, das meinen Namen trägt („Thomas Point Lighthouse“), konnte ich eine rote Tonne nicht finden und meine GPS-Route gab an, dass ich sie bereits passiert hätte. Allein laut Karte und Positionsbestimmung darauf traf dies nicht zu. In dieser Situation konnte ich mich unmöglich für längere Zeit diesem Navigationsproblem widmen. Denn da war niemand, der während der Zeit Ausguck hätte halten können, angesichts des regen Verkehrs auf dem Wasser unabdingbar. Ich nahm dann die Karte ins Cockpit, studierte sie und sah mit dem Feldstecher ein grünes Seezeichen; der Vergleich mit der Karte stimmte und so setzte ich fröhlich den neuen Kurs. Lehre daraus: Wer allein ist, darf sich nicht in letzter Minute („Position schon passiert?“) mit der Navigation (und einem falsch eingegebenen Wegpunkt im GPS) befassen.
- Das zweite Problem ist das An- und Ablegen. Da allein, gab ich bei der Abfahrt nicht einfach Gas, um vom Steg wegzukommen, sondern schob das Boot mit der Hand vom Steg weg, schön langsam, damit ich keine anderen Boote touchieren oder dies rechtzeitig erkennen würde. Das gelang gut, auch deshalb, weil es um 5 Uhr morgens keinen Wind hatte. Die Navigation bei der Ankunft in Solomons war einfach, weil ich dort schon hundertmal angekommen war. Und als ich an unserem Steg anlegte, war Paul bereits die Treppe herunter gekommen von seinem Haus, um mir zu helfen. Ein kühles Bier hatte er auch dabei. Die Lehre daraus: Keine, mir schien aber, das Bier hätte ich nach gut 10 Stunden und 43.5 Meilen echt verdient.
Obamas running mate
Die Frage, wer im November 2012 gegen Barack Obama antritt, beschäftigt im Moment niemanden auf der Welt. Ausser jene republikanischen Kandidaten in spe und ihre Handler, die unbedingt Millionen von Dollars auf die Reihe kriegen müssten, damit ihr Wahlkampf nicht endet, bevor er begonnen hat. Wir befinden uns in einer Phase, in der – marxistisch gesprochen – das Kapital das Sagen hat. Es hat laut Spendenstatistik für die letzten drei Monate den in Europa ziemlich unbekannten Mitt Romney (Bild) zu ihrem Kandidaten gewählt. Er führt mit 18.5 Millionen weit vor dem zweit platzierten Ron Paul, der gerade 4,5 Millionen Dollar zusammen gebracht hat.
Romney allerdings, ein früherer Gouverneur von Massachusetts, hat den Ruf eines liberalen Republikaners, der in seinem Staat unter anderem eine Reform des Gesundheitswesens in die Tat umgesetzt hat wie sie Obama auf nationaler Ebene anstrebt. Das „Wall Street Journal“ hat deshalb Romney als „running mate“ Obamas bezeichnet, als Kampfgefährten Obamas also, was jeden Republikaner zusammenzucken lässt. Und wie es scheint, ist auch das Kapital unsicher, ob wir es bei Romney wirklich mit einem aussichtsreichen Konservativen zu tun haben, denn er hat nicht mal die Hälfte der Spenden zusammen gebracht im Vergleich zu seinem letzten Versuch im Jahr 2007.
Was ist der Grund? Das Kapital ist wählerisch geworden, muss man sagen, denn es folgt neuerdings dem Grundsatz eines effizienten Mitteleinsatzes. Und spendet nicht mehr querbeet für einzelne Kandidaten, sondern investiert in sogenannte Super-PACs (http://tinyurl.com/2e8ad5d), das sind Spendenorganisationen, die keinem einzelnen Kandidaten zugeordnet sein müssen und sich im Wahlkampf für oder auch gegen einen Kandidaten engagieren können. Dieses neue Modell ist massgeschneidert für die komplexen Spendengesetze, aber auch für die momentane Situation, da sich der mutmassliche Gegner Obamas noch nicht richtig herausgeschält hat.
Man müsste also, in Abwandlung des obigen Satzes, dass das Kapital das Sagen hat, für 2012 eine neue Regel formulieren. Neu gilt nicht mehr der Grundsatz, dass die Grosspender Kampagnen und Kandidaten überhaupt erst ermöglichen. Neu ist, dass sie sich ihren Einfluss auf den Kandidaten erst sichern, wenn ein Name erfolgversprechend am Horizont sichtbar geworden ist. Politisch kommt es am Schluss aufs gleiche hinaus, weil mit Geld in der US-Politik fast alles legal erkauft werden kann. Oekonomisch hingegen macht das neue Modell mehr Sinn als das alte: 2007 hatten Spender im Vorwahljahr noch 44 Millionen für Romney aufgeworfen – und er hat das Rennen nicht gemacht. Verlorenes Geld also. Deshalb gilt heute: Besser warten, ob Romneys Erfolg diesmal nachhaltiger ist. Denn erst dann käme der Moment, wo geldmässig aus dem running mate ein echter Gegner Obamas geformt werden müsste.
Romney allerdings, ein früherer Gouverneur von Massachusetts, hat den Ruf eines liberalen Republikaners, der in seinem Staat unter anderem eine Reform des Gesundheitswesens in die Tat umgesetzt hat wie sie Obama auf nationaler Ebene anstrebt. Das „Wall Street Journal“ hat deshalb Romney als „running mate“ Obamas bezeichnet, als Kampfgefährten Obamas also, was jeden Republikaner zusammenzucken lässt. Und wie es scheint, ist auch das Kapital unsicher, ob wir es bei Romney wirklich mit einem aussichtsreichen Konservativen zu tun haben, denn er hat nicht mal die Hälfte der Spenden zusammen gebracht im Vergleich zu seinem letzten Versuch im Jahr 2007.
Was ist der Grund? Das Kapital ist wählerisch geworden, muss man sagen, denn es folgt neuerdings dem Grundsatz eines effizienten Mitteleinsatzes. Und spendet nicht mehr querbeet für einzelne Kandidaten, sondern investiert in sogenannte Super-PACs (http://tinyurl.com/2e8ad5d), das sind Spendenorganisationen, die keinem einzelnen Kandidaten zugeordnet sein müssen und sich im Wahlkampf für oder auch gegen einen Kandidaten engagieren können. Dieses neue Modell ist massgeschneidert für die komplexen Spendengesetze, aber auch für die momentane Situation, da sich der mutmassliche Gegner Obamas noch nicht richtig herausgeschält hat.
Man müsste also, in Abwandlung des obigen Satzes, dass das Kapital das Sagen hat, für 2012 eine neue Regel formulieren. Neu gilt nicht mehr der Grundsatz, dass die Grosspender Kampagnen und Kandidaten überhaupt erst ermöglichen. Neu ist, dass sie sich ihren Einfluss auf den Kandidaten erst sichern, wenn ein Name erfolgversprechend am Horizont sichtbar geworden ist. Politisch kommt es am Schluss aufs gleiche hinaus, weil mit Geld in der US-Politik fast alles legal erkauft werden kann. Oekonomisch hingegen macht das neue Modell mehr Sinn als das alte: 2007 hatten Spender im Vorwahljahr noch 44 Millionen für Romney aufgeworfen – und er hat das Rennen nicht gemacht. Verlorenes Geld also. Deshalb gilt heute: Besser warten, ob Romneys Erfolg diesmal nachhaltiger ist. Denn erst dann käme der Moment, wo geldmässig aus dem running mate ein echter Gegner Obamas geformt werden müsste.
Mittwoch, 6. Juli 2011
WD-40
„WD-40“ ist für Handwerker, was das „Albumblatt für Elise“ für die Klavierschüler: ein Allerweltsding. Niemand, der Schraubenschlüssel oder Notenschlüssel kennt, kommt an ihm vorbei. WD-40 ist die geniale Komposition einer Flüssigkeit, welche im Nu verhockte Schrauben lockert oder Bedienungselemente wieder leicht gängig macht. Im Segelwesen kann man es auch zum Reinigen von Fendern verwenden. Ja ich habe gelesen, dass manche Segler es sogar erfolgreich gegen Rheuma einsetzen, denn „WD-40“ lässt sich als Spray auch ganz einfach auf jene Gelenke spritzen, die von Gsüchti heimgesucht sind.
Das Wundermittel kommt in zwei Darreichungsformen, als Spray gegen grosse Probleme. Und mit einem Röhrchen gegen kleine, im Motorraum oft nur schwer zu erreichende. Diese Röhrchen haben es in sich: Sie sind mit einem Klebeband an die Spraydose geklebt. Und wer nicht wahnsinnig acht gibt, hat sie spätestens nach dem zweiten Gebrauch verloren. Dagegen kann man zwar etwas tun, zum Beispiel Röhrchen der alten WD-40 Dosen als Ersatz aufbewahren oder präventiv die Röhrchenhalterungen neuer Dosen gleich am Beginn verstärken. Seit kurzem ist dieses ärgerliche Röhrchenproblem jedoch auf geniale Weise gelöst: bei den WD-40 Dosen der neusten Generation (siehe Bild) lässt sich das Röhrchen ganz einfach hoch- und niederklappen, je nach Anwendung. Eine bahnbrechende Neuerung.
Mittlerweile gibt es Nachahmermittel; eins davon hat einen so tollen Namen, dass ich es haben musste: Liquid wrench, flüssiger Schraubenschlüssel. Ein drittes kaufte ich auf Empfehlung von Paul, es heisst Corrosion block und muss vor Beginn der Korrosion angewendet werden; es heisst im Volksmund auch „Anti-seize“. Dann gibt es, ebenfalls als präventive Bastlermedizin, für Metall ein High-Tech-Mittel Tef-Gel sowie Lanocote, eine gelbe Salbe ebenfalls gegen Korrosion, die ich nach getaner Arbeit jeweils gerne auch als Handcreme verwende.
Es ist klar, dass diesen Wundermitteln immer etwas der Ruf von Snake oil anhaftet, ein wunderbarer Begriff, der augenzwinkernd die Nutzlosigkeit eines Produkts vermutet. WD-40 gehört klar nicht dazu, sondern hat mittlerweile einen sagenumwobenen Ruf, zum Beispiel was den Namen selbst angeht. „WD-40“ – woher kommt das? Die Legende lautet, dass es sich bei der Entwicklung im Labor um jene Versuchsflüssigkeit zur Wasserverdrängung „Water Displacement“ (WD) gehandelt hat, welche beim 40. Versuch erfolgreich war. WD-1 bis WD-39 waren da wohl nichts anderes als - Snake oil.
Das Wundermittel kommt in zwei Darreichungsformen, als Spray gegen grosse Probleme. Und mit einem Röhrchen gegen kleine, im Motorraum oft nur schwer zu erreichende. Diese Röhrchen haben es in sich: Sie sind mit einem Klebeband an die Spraydose geklebt. Und wer nicht wahnsinnig acht gibt, hat sie spätestens nach dem zweiten Gebrauch verloren. Dagegen kann man zwar etwas tun, zum Beispiel Röhrchen der alten WD-40 Dosen als Ersatz aufbewahren oder präventiv die Röhrchenhalterungen neuer Dosen gleich am Beginn verstärken. Seit kurzem ist dieses ärgerliche Röhrchenproblem jedoch auf geniale Weise gelöst: bei den WD-40 Dosen der neusten Generation (siehe Bild) lässt sich das Röhrchen ganz einfach hoch- und niederklappen, je nach Anwendung. Eine bahnbrechende Neuerung.
Mittlerweile gibt es Nachahmermittel; eins davon hat einen so tollen Namen, dass ich es haben musste: Liquid wrench, flüssiger Schraubenschlüssel. Ein drittes kaufte ich auf Empfehlung von Paul, es heisst Corrosion block und muss vor Beginn der Korrosion angewendet werden; es heisst im Volksmund auch „Anti-seize“. Dann gibt es, ebenfalls als präventive Bastlermedizin, für Metall ein High-Tech-Mittel Tef-Gel sowie Lanocote, eine gelbe Salbe ebenfalls gegen Korrosion, die ich nach getaner Arbeit jeweils gerne auch als Handcreme verwende.
Es ist klar, dass diesen Wundermitteln immer etwas der Ruf von Snake oil anhaftet, ein wunderbarer Begriff, der augenzwinkernd die Nutzlosigkeit eines Produkts vermutet. WD-40 gehört klar nicht dazu, sondern hat mittlerweile einen sagenumwobenen Ruf, zum Beispiel was den Namen selbst angeht. „WD-40“ – woher kommt das? Die Legende lautet, dass es sich bei der Entwicklung im Labor um jene Versuchsflüssigkeit zur Wasserverdrängung „Water Displacement“ (WD) gehandelt hat, welche beim 40. Versuch erfolgreich war. WD-1 bis WD-39 waren da wohl nichts anderes als - Snake oil.
Dienstag, 5. Juli 2011
90 Grad und keine Klimaanlage
Wir haben fast neun Jahre lang im schicken Washingtoner Friendship-Hights-Quartier gelebt. Wenn man im Sommer durch die Strassen lief, hörte man von allüberall das Brummen der Klimaaggregate, die jeweils im Freien aufgestellt sind mit Blasrohr ins Innere des Hauses. Auch wir hatten so ein Ding, das für eine kühle Atmosphäre sorgte, rein klimatisch natürlich, wenn draussen die Temperatur auf 90 Grad stieg. Das könnte man nun in Celsius umrechnen, doch reicht die Fausregel: 90 Grad und höher ist „heiss“.
Nun wohnen wir in einem andern Quartier, gleich ennet der Stadtgrenze, in Mount Rainier, wo es keine Diplomaten und Auslandskorrespondenten gibt, dafür einen Bioladen und eine buntbemalte Kreuzung vom Quartierfest, das gerade eben stattgefunden hat. Und Klimaanlagen haben die meisten Bewohner auch nicht, entsprechend fällt das gewohnte Brummen auf dem Heimweg aus. Heiss ist es aber immer noch: 90 Grad, doch wir müssen nicht leiden: Nachts kühlt es ab und so haben wir die Fenster geöffnet - auch im Parterre, weil Einbrüche in diesen ärmeren Quartieren wunder selten sind (es gibt ja nichts zu klauen). Am Morgen öffnen wir jeweils die Haus- und die gegenüber liegende Verandatür, sodass kühle Luft durch das Innere des Hauses strömen kann. Später schliessen wir Türen und Fenster und stellen die Riesen-Ventilatoren an, die an der Decke befestigt sind und die uns dann kühle Luft zufächeln. Geht doch!
Nun wohnen wir in einem andern Quartier, gleich ennet der Stadtgrenze, in Mount Rainier, wo es keine Diplomaten und Auslandskorrespondenten gibt, dafür einen Bioladen und eine buntbemalte Kreuzung vom Quartierfest, das gerade eben stattgefunden hat. Und Klimaanlagen haben die meisten Bewohner auch nicht, entsprechend fällt das gewohnte Brummen auf dem Heimweg aus. Heiss ist es aber immer noch: 90 Grad, doch wir müssen nicht leiden: Nachts kühlt es ab und so haben wir die Fenster geöffnet - auch im Parterre, weil Einbrüche in diesen ärmeren Quartieren wunder selten sind (es gibt ja nichts zu klauen). Am Morgen öffnen wir jeweils die Haus- und die gegenüber liegende Verandatür, sodass kühle Luft durch das Innere des Hauses strömen kann. Später schliessen wir Türen und Fenster und stellen die Riesen-Ventilatoren an, die an der Decke befestigt sind und die uns dann kühle Luft zufächeln. Geht doch!
Sonntag, 3. Juli 2011
Ein Land im Krieg
Bei Adams Ribs in Mayo, einem Restaurant, das für seine Poulets und Rippchen eine gewisse Berühmtheit erlangt hat, gibt es bis zum 3 Juli, jeweils zwischen 1o Uhr und 15 Uhr Budweiser Light für 1 Dollar - "for our troops". Ich frage den Kellner, wie das zu verstehen sei. Können wir 1 Dollar zahlen und ein amerikanischer Soldat in Irak oder in Afghanistan kriegt dann ein Bier sozusagen von uns spendiert. "Nein, wir wollen nicht, dass unsere Truppen betrunken kämpfen", sagt der Kellner. Ja, wie ist dann das Angebot zu verstehen? "Oh", meint unser Gewährsmann, "Du kriegst ein Budweiser für 1 Dollar und Du trinkst es." Und die Truppe? "Kriegt dann eine Spende, aber frag mich nicht, wie das genau geht."
Niemand weiss so richtig etwas, eine Zeiterscheinung im Land mit der am weitesten entwickelten Informationstechnologie. Auf der Fahrt nach Hause reden wir über die Meldungen von den Gefallenen, die im Fernsehen kommen und die uns nicht loslassen. Neben Name und Vorname sind immer auch das Alter und der Ort des Einsatzes aufgeführt; es sind fast ausschliesslich sehr junge Männer, die als Gefallene gemeldet werden. Und man denkt, wie das ist, wenn in Tulsa (Oklahoma) oder in Monterrey (Kalifornien) die Nachricht vom Tod des Sohnes, Ehemannes oder Bruders eintrifft. Ein Land im Krieg mit Bud Light zum Schnäppchenpreis.
Niemand weiss so richtig etwas, eine Zeiterscheinung im Land mit der am weitesten entwickelten Informationstechnologie. Auf der Fahrt nach Hause reden wir über die Meldungen von den Gefallenen, die im Fernsehen kommen und die uns nicht loslassen. Neben Name und Vorname sind immer auch das Alter und der Ort des Einsatzes aufgeführt; es sind fast ausschliesslich sehr junge Männer, die als Gefallene gemeldet werden. Und man denkt, wie das ist, wenn in Tulsa (Oklahoma) oder in Monterrey (Kalifornien) die Nachricht vom Tod des Sohnes, Ehemannes oder Bruders eintrifft. Ein Land im Krieg mit Bud Light zum Schnäppchenpreis.
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