Als Korrespondent in Washington hatte ich oft über Hurrikane geschrieben und so wollte ich in den neunziger Jahren auch einmal einen selbst erleben. Ich fuhr deshalb bei passender Gelegenheit nach Wilmington in North Carolina, wo der Landfall eines Sturm erwartet wurde. Es stellte sich sehr rasch heraus, dass der Trip so ziemlich die dümmste Idee meines Lebens war. Denn Hurrikane sind gefährlich: Reissende Flüsse strömen wegen der sintflutartigen Regenfälle quer zur Strasse und drohen Autos wegzuspühlen, nachts herrscht zudem absolute Dunkelheit wegen Stromausfalls. Und dann gibt es natürlich die Gefahr, von irgendwelchen herumfliegenden Teilen getroffen zu werden. Ich stand damals während dieses blödsinnigen Einsatzes vor der Alternative, entweder zu Schaden zu kommen – oder dann eine gute Geschichte zum Erzählen zu Hause zu haben. Es wurde letzteres.
Nun ist es wieder soweit. In der Chesapeake Bay wird Wirbelsturm "Irene" erwartet. Wir sind in unserem Creek, der als Hurrican whole markiert ist, also als geschützter Ort, wo die Winde nicht so stark sein sollten, wie an der Atlantikküste – oder schon an der Mündung des Patuxent River. Unsere Sorge ist denn auch nicht so sehr der Wind, sondern die Flut. Ich habe nachgelesen, dass der letzte grosse Wirbelsturm an der Ostküste, „Isabel“, 2003, den Wasserstand in Baltimore um bis zu 6 Fuss (1.80m) angehoben hat. Am höchsten sind die Wasserstände jeweils am Ende von Creeks und Flussarmen, wo sich die vom Wind in die Bay hinein gedrückten Wassermassen sozusagen stauen. Wir erwarten deshalb in Solomons, an der Mündung des Patuxent, „nur“ 4 Fuss über dem normalen Wasserstand bei Flut. Wenn ich nachmesse, ist das knapp die Höhe der Pfosten, an denen unsere „ Miranda“ im Hurrican-Versteck festgemacht ist.Wir haben heute Morgen die Festmacherleinen um die Pfosten herum geschlungen, damit sie von der Last des Bootes (hoffentlich) festgezogen werden und nicht nach oben, über die Pfostenenden hinaus, rutschen, wenn das Wasser steigt. Auch haben wir höher gelegte Fender an den Pfosten angebracht sowie eine Pfostenverlängerung. Nicht, um die Last des Bootes daran festzumachen, sondern um zu wissen, wo sich der Steg befindet, wenn Land unter herrschen sollte. Das Boot selbst werden wir so vertäuen, dass die Backbordseite keinen Kontakt haben kann mit dem Steg. Die Fender sind also mehr für den Fall der Fälle gedacht.
Und nun warten wir, bis am Samstag der Regen einsetzt, dann der Wind immer stärker wird und das Wasser steigt. Dann wird sich herausstellen, ob „Irene“ Schäden anrichtet bei uns, unseren Freunden und unseren Nachbarn sowie in der weiteren Umgebung. Oder das ganze als eine gute Geschichte endet zum Weitererzählen im Trockenen.
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