Dienstag, 29. März 2011

Gas-Grenze

Zwischen Europa und den USA gibt es eine unsichtbare, aber nichtsdestotrotz unüberwindbare Grenze. Die beiden Weltregionen haben unterschiedliche Gas-Systeme: In den USA wird Propan verwendet in wiederverwendbaren Flaschen, in Europa Camping-Gas, auf Butan-Basis und mit Flaschen, die man kauft und dann jeweils gegen volle eintauscht.

Die beiden Systeme sind kompromisslos getrennt. In den USA kann man kein Camping-Gas kaufen, in Europa ist mit den US-Flaschen absolut nichts anzufangen und deshalb habe ich die teuren Alu-Flaschen von einer früheren Atlantiküberquerung mangels Platz in Frankreich weggeworfen.

Bereits vor diesem Verlust sind wir mal in ganz New Jersey herumgestolpert, um die bittere Tatsache der absoluten Gasgrenzen zu kopfen. Am Ende standen wir vor der zentralen Abfüllstation und mussten es endlich glauben: nichts zu machen.

Nun ist uns die Geschichte ein zweites Mal passiert. Wir wussten nicht, dass die Gas-Grenze in der Karibik zwischen St. Kitts und Guadeloupe verläuft und so stand ich letzte Woche nach stundenlangen Laufereien wieder vor einer zentralen Abfüllfabrik in Basseterre - wo man über meine blaue Campinggas-Flasche nur den Kopf schüttelte. Inzwischen habe ich auf US-Virgin Islands zum US-System gewechselt.

Der absolute Spezialist in der Schweiz für europäische und amerikanische Anschlüsse ist übrigens die Firma Selzam in Winterthur, wo Uebergänge für die beiden Systeme erhältlich sind, damit der Gasfernschalter (auch bei Selzam gekauft) weiterhin funktioniert. Auch der Gasherd funktioniert mit beiden Systemen, wie Agnes gerade beweist: Sie ist dabei, für den Abend eine feine Lammsuppe zu basteln.

Montag, 28. März 2011

Der verlängerte Arm des Skippers

Der Nachbar am Steg fragte uns, ob wir beim Ablegen eine Hand bräuchten. "Gerne", sagten wir. Und da setzte er in schönstem Deutsch nach: "Bitte dann mit klaren Kommandos." Wir hätten "Kommandi" gesagt, doch darum geht es nicht. Denn der hilfsbereite Segler hat uns nur daran erinnert, dass er der deutschen Seglersprache mächtig sei, ein Wortregelwerk, das gerne als "der verlängerte Arm des Skippers" beschrieben wird.

Wir sind der elaboraten Befehle und Quittierung derselben nicht mächtig, sondern behelfen uns mit einem Gemisch, sagen auch schon mal: "Fest ziehen" oder Lass los" Und so kommandierte ich unserer Hand dann also, sie möge nun die hintere Leine lösen, gut, danke, und jetzt die mittlere - und dann dampften wir ein. Auch so ein Fachchinesisch: Es bedeutet, Gas geben und das Boot in eine noch angezogene vordere Leine hineindampfen lassen. Wie durch ein Wunder dreht sich dann bei umgelegtem Ruder das Heck weg vom Quai und man kann trotz auflandigem Wind ablegen.

Gesagt getan. Der Rest der 140 Meilen von St.Kitts nach US-Virgin Islands ist kaum erwähnenswert: Ein wundererbarer raumer (von der Seite kommender) Wind, fast keine Wellen, ein ruhiges Boot, das uns zwischen den Wachen nachts auch gut schlafen liess. Gut gelaunt kamen wir an und gingen zum US-Zoll. Und dort? Nix dort: Wir wurden freundlich und zuvorkommend behandelt - und sassen eine Dreiviertelstunde nach der Ankunft bereits in der Hafenbeiz.

Freitag, 25. März 2011

Der Mann ohne Schatten

Heute gab es wieder einmal einen pflanzenkundlichen Morgen. Mit Burt, einem lokalen Führer, machten wir eine Wanderung im Regenwald, vorbei an Tarzans Lianen und geschützten Mahagoni-Bäumen. Auch haben wir den Whiteman's tree gesehen - warum der nur so heisst? Antwort: Weil er aussieht, als hätte er - typisch weiss - einen Sonnebrand, sagt Burt lachend. Zu einer andern Stelle neben dem kleinen Fluss auf unserem Weg trägt man den Schatten, um ihn bei einem Fledermausbaum niederzulegen. Etwas beklommen gucken wir auf die Stelle, wo unsere Schatten zu liegen kämen. Dann essen wir von einer Nuss, die wie Banane schmeckt und die die Monkeys lieben, die hier im Wald zu Hause sind. Es sind kleine Affen, die Einheimische auf den Schultern tragen, um sie den Touristen gegen ein bisschen Geld vorzuführen. Einmal legte sich Burt eine Art Winde um den Hals und sagte, das wirke sofort bei Halskehre. Ich fragte ihn, ob er Lehrer sei oder Biologe? "Nein", antwortete er, "ich habe alles Wissen von meinen Vorfahren." Es war ein lehrreicher Vormittag. Am meisten beeindruckt hat mich, dass man andern Menschen den Schatten wegnehmen kann. Das Motiv kommt auch bei uns vor in Sagen - und in einer alten Krimiserie mit dem Titel "Der Mann ohne Schatten"

Donnerstag, 24. März 2011

KreuzfahrerInnen

St. Kitts ist wie Grenada, Barbados und andere Karibikinseln eine Destination der Kreuzfahrtindustrie. Jeden Morgen zwischen sieben und acht Uhr legen die schwimmenden Hotelfabriken an extra für sie gebauten Quais an. Tagsüber strömen Hunderte (oder sind es Tausende) von KreuzfahrerInnen dann in die Strassen der jeweiligen Orte, die für sie präparioert worden sind. In Barbados zum Beispiel ist die Hauptstrasse in der Altstadt in ein Duty-free-Center umgebaut worden. In St. Kitts ist ein neues Einkaufszentrum beim Hafen gebaut worden. Doch egal wo: Die Läden bieten alle das gleiche an: Kleider, Souvenirs, Alkohol, Uhren, Schmuck und Diamanten.

Kann man an jedem Ort einen neuen Diamanten kaufen? Nein, das System funktioniert wohl eher so, dass die Gäste durch das Auftauchen der immer gleichen Läden an jedem Ort langsam weich gekocht werden und am Schluss noch der hinterletzte so einen Diamanten postet oder eine Uhr oder einen teuren Whiskey.

Pünktlich um 17 Uhr sind jeweils alle Konsumenten wieder an Bord und das Riesenschiff legt ab. Nachts, wenn wir selber segeln, sehen wir die hell erleuchteten Hotels dann jeweils in der karibischen See vor sich hin dümpeln; die Distanzen zwischen den einzelnen Inseln sind kurz, sodass die Schiffe nachts Pausen einlegen müssen, um nicht lange vor Ladenöffnung an der nächsten Destination aufzukreuzen.

Dienstag, 22. März 2011

Nach St.Kitts

Nach über einem Monat auf Guadeloupe haben wir die Insel zum Abschluss mit dem Boot umrundet und dann an der Südwestspitze Kurs auf St.Kitts genommen. Wir hätten als Abkürzung auch einen kleinen Fluss zwischen den beiden Inselstücken befahren können. Doch die Brücke öffnet nur um 5 Uhr morgens. Und wir hatten keine Lust, uns zu einem so frühen Zeitpunkt dort beim gnädigen Brückenöffner einzufinden. So nahmen wir den Umweg in Kauf. Um so mehr, als er 120 Meilen verhiess, das ist eine nach unserem Geschmack ideale 24-Stundendistanz. Die Zeit vergeht schnell, vor allem nachts.

Ein wunderbarer Wind pushte uns vorwärts, ungeachtet zum Teil konfuser Wellen. Wir hatten das dritte Reff eingezogen und die Genua bis zu einem kleinen Fetzchen eingerollt - und trotzdem liefen wir 6 Knoten. Nachts passierten wir Monserrat, die Insel, deren Vulkan wieder aktiv ist. Plötzlich nahmen wir den Geruch war, auf schweizerdeutsch eine Art "bräsele", würde ich sagen. Und ein bisschen auch wie Braunkohle, bekannt von Spaziergängen in winterlichen Stadtstrassen in der DDR, deren Häuser mit Braunkohle geheizt wurden.

Der Vulkan hatte 1995 den südlichen Teil der Insel zerstört, eine kleine Katastrophe verglichen mit dem,. was wir in diesen Tagen erleben. Trotzdem: Tausende verloren ihre Häuser für immer und müssen jetzt einen neuen Ausbruch fürchten.

Basseterre, die Hauptstadt von St. Kitts, wo wir um 9 Uhr morgens eintrafen, ist so britisch, dass es zu einer Miniaturausgabe des Piccadilly Circus gereicht hat; die Sonne brennt nieder im kleinen Hafen, aber vor der Sightseeing-Tour müssen wir mal ausschlafen nach dem ersten Nachtthörn seit Mitte Februar.