Montag, 24. Juni 2013

Malle

Die Bucht von Antraitx
Wir verweilen seit fast zwei Wochen auf Mallorca. Von Ibiza sind wir nach Antraitx gesegelt, fanden dort weder die im „Balearenführer“ versprochenen Schwimmstege noch die weite Ankerbucht. Alles fest in der Hand einer privaten Marina, die Bojen vermietet, zu 27 Euro pro Tag. Doch die Lage ist einmalig, das Städtchen mit den vielen Strassencafés hübsch und die Busverbindung nach Palma perfekt, weil man noch in einen leeren Bus einsteigt und dann sitzend   erlebt, dass in Santa Ponça auch der letzte Stehplatz belegt wird.
Ueberhaupt Touristen: Es gibt hier ausschliesslich Deutsche, also keine Schweizer, Oesterreicher, Franzosen, Russen von mir aus, Engländer.  Man spricht Deutsch: hinter und vor uns im Bus, in den Läden, am Nebentisch im Restaurant. Und als ich in Palma eine Auskunft für die Heimfahrt brauche, bemühe ich gar nicht erst mein schlechtes Spanisch, sondern rede die ältere Dame gleich auf Deutsch an. Inzwischen wissen wir von deutschen Freunden auch, dass die Deutschen nicht mehr Mallorka sagen, sondern Malle. Und deshalb: Uns gefällt Malle.

Mittlerweile sind wir am Anker in Santa Ponça, fast so hübsch wie Antratx mit Sonnenstrand und einem etwas abgelegenen schattigen Platz, wo die Einheimischen essen und schwimmen am Sonntag. Und nun wollen wir tun, was in Mallorca alle machen: Auto mieten und ein bisschen auf der Insel herumfahren, Sehenswürdigkeiten angucken, doch  wandern wohl nicht, denn dafür ist es zu heiss.


Hier in Santa Ponça haben wir auch unser Dinghi repariert, doch das ist eine andere Geschichte: Inzwischen ist das Schlauboot wieder so dicht, dass alle 12 Stunden pumpen reicht. Auf dem Höhepunkt des Lecks waren wir froh, wenn wir mit ein wenig Restluft noch das Mutterschiff erreichten. Ich verstehe inzwischen, warum viele Segler  Banana-Boote und veritable Holzboote an Bord ihrer Jachten haben. Denn Luft ist tückisch, vor allem wenn sie gefangen ist und raus will. Dafür reicht – wie jeder Radfahrer weiss – ein Loch von der Grösse einer Hundertstel Stecknadelspitze. Und kein Zweikomponentenkleber kommt dagegen an, egal wie gross der Flick ist, den man über das Hundertstel-Stecknadelspitze-Loch klebt. 

Dienstag, 11. Juni 2013

Stege - Komfort, Erfindergeist und Design

Wir sind von San Antonio der felsigen Nordwestküste von Ibiza entlang  nach Sta Eulalia gesegelt und nach einer Woche am Anker nun in einer hübschen Marina, deren Mittelsaisonpreise noch einigermassen bezahlbar sind. Wie üblich im Mittelmeer haben wir mit dem Bug zum Ponton festgemacht, am Heck ist das Boot durch  eine sog. Muringleine gesichert.

Und das bringt wieder das Problem, wie man elegant an Land, das heisst vom Boot auf den Ponton gelangt und zurück aufs Boot. Der Anschauungsunterricht am Steg ist eindrücklich. Besonders unsere Freunde von der Abteilung Motorboote haben keine Mühen und Auslagen gescheut und höchst komfortable Stege auf ihren schwimmenden Villen  montiert. Die Stege sind aus Alu oder gar aus rostfreiem Stahl, eigentliche Maschinen, viele  hydraulisch höhenverstellbar und auch ausziehbar auf eindrückliche Längen.  Manche Stege sind sogar seitlich schwenkbar, haben das gleiche Teakdesign wie das Boot selbst und sind mit eleganten Handläufen ausgestattet, damit man sich festhalten kann beim Gang an Land.  Unter den Handlaufmodellen gibt’s wiederum  eine besonderes raffinierte Sorte,  deren Handläufe sich beim Einziehen des Stegs automatisch runterklappen.

Angesichts dieser Show aus Komfort, Erfindergeist und Design wollten wir nicht mehr zurückstehen. Wir bohrten vier Löcher in ein Brett, befestigten selbiges  mit Kabelbindern um die Sprossen unserer allseits beliebten Alu-Leiter. Fertig war der Steg. Die Hydraulik sind wir selber und das Brett ist halt Spanplatte und nicht Teak. Nun fehlt  nur noch ein schöner Handlauf, um sich festhalten zu können. Denn schmal sind sie alle, die Stege, egal ob hydraulisch, mit Teak oder eben  als simple Leiter.


Wenn ich reich wäre, würde ich einen mindestens doppelt so breiten Steg in Auftrag geben wie hier üblich, eine vertiable Fussgängerbrücke ca 80cm breit, die auf ihrer ganzen Länge  faltbar und natürlich  hydraulisch einziehbar wäre. Selbstverständlich in feinstem Teak und mit – hallo! – zwei Handläufen, je einen pro Seite. Das hat hier  niemand. Auf dieser Anlage meiner Träume müsste Agnes nicht mehr balancieren, wenn sie mit dem  schweren Wasserflaschenkarton vom Einkaufen kommt. Ist aber alles gut gegangen heute Vormittag. Ich stand auf dem Boot bereit und konnte den Karton nach dem Balanceakt sicher übernehmen. Unser neuer Steg mit Brett hat einen ersten Test also bravourös bestanden.

Freitag, 7. Juni 2013

Von Alicante zur Party-Insel

Für unsere Reise von Alicante nach Ibiza suchten wir in den Wetterdaten nach einem passenden Tag, der uns für 24 Stunden guten Wind anbieten würde. Doch wie bereits zuvor, mussten wir erneut einen Kompromiss eingehen: Zuerst motoren, um dann hoffentlich Wind zu bekommen.

So geschah es: Die ersten paar Stunden unseres 100-Meilen-Trips übernahm Herr Perkins, dann gab’s den versprochenen Wind, der dann irgendwann am Abend für einige Zeit wieder einschlief, bevor dann nachts erneut etwas Wind aufkam.

Uns wird nun langsam klar, warum wir im Mittelmeer so wenig Windsteuerungen an Booten sehen. Wir sind in den Häfen meistens die einzigen mit einer solchen Anlage, die einem auf langen, aber auch auf kurzen Trips das Steuern abnimmt, ohne Strom zu brauchen. Dafür haben lokale Bootseigner hier auf ihren Yachten in grosse Biminis (gegen die Sonnenbestrahlung) investiert, montieren hochziehbare Stege am Bug, um gut ans Land überzusteigen in den Marinas, und schleppen Dinghis nach, mit denen sie von den Ankerplätzen schnell und komfortabel ans Land gelangen können.

Überraschenderweise gerieten wir ein paar Stunden vor Ibiza in eine Strömung, die uns mit gut einem Knoten dem Ziel so schnell näherschob, dass sich die geschätzte Ankunftszeit von der Tageshelle am Morgen immer mehr in die Nacht hineinverschob. Weil wir nicht mitten in der Nacht an einem Ankunftsort  mit einem Ankermanöver andere aus dem Schlafe schrecken wollten, verlangsamten wir unsere Fahrt. Da wir nun wieder Wind hatten, zog ich das zweite Reff ein, die Genua kam ganz weg. Und nun war ich zum erstenmal in meinem Seglerleben glücklich, dass wir nur zwei Knoten Fahrt machten durchs Wasser.  Das ETA, die geschätzte Ankunftszeit,  verbesserte sich von 03:29 h auf halb acht Uhr.

Nach vier Uhr ging  kurz vor San Antonio ein grell oranger Schnitz am Himmel über den Küstenfelsen von Ibiza auf, ein abnehmender halber Mond, wie ich ihn noch nie gesehen hatte. Bald wurde es langsam hell. Und als wir das letzte Leuchtfeuer passierten, erlebte ich auf meiner Wache einen wunderbaren hellen und wärmenden Sonnenaufgang, für den ich gerne noch Eintritt bezahlt hätte. Um halb acht Uhr liessen wir den Anker fallen in der Bucht von San Antonio, wo es bereits gut zwei Dutzend weitere
Yachten hatte. Langsam nähern wir uns der Hochsaison.

Als wir später mit dem Dinghi an Land fahren und auf der Strandpromenade entlang spazieren, merken wir, dass wir auf jener Partyinsel gelandet sind, wie sie auf den Webseiten beschrieben wird. Wir haben hier zusammen mit Tausenden von Bikini- und Biertouristen aus ganz Europa die Wahl,  abends ins „Eden“ zu gehen oder lieber doch ins „Ants“. Bereits tagsüber vergnügt sich die Partygeneration in Club-Bars mit Djs und Swimming pools. Auch auf unserem Boot werden wir mit Musik beschallt, doch wir haben Glück: Musik aus den Seventies wird in unserer Nähe am Land aufgelegt, etwas weiter östlich in der Bucht wäre es Techno, nicht unser Stil.
Ueberhaupt: Wir gehören hier nicht so richtig dazu, weil wir allein zu zweit unterwegs sind und nicht in Gruppen. Vor den Bars spricht uns niemand an und will uns als Gäste gewinnen. Wir  fallen auch insofern aus dem Rahmen als wir keine Tattoos zum Vorzeigen haben und keine Body paintings. Statt mit blossem Oberkörper und Bierdose in der Hand sind wir im T-Shirt und mit Lidl-Tüten unterwegs – oder mit dem Benzinkanister, weil wir ein paar Liter 95er Benzin für unseren Generator holen müssen.

Irgendwann überlegen wir uns dann, was unser nächstes Ziel sein könnte, je nach Wind könnten wir erst nördlich gehen, oder dann westlich Richtung Formentera. Im ärgsten Fall ist halt dann wieder motoren angesagt.