Dienstag, 22. November 2011

Von Charleston bis Jacksonville

Das Gebiet des Rheins war überschwemmt. Und ich sollte eine Story schreiben. Doch die Redaktion wollte nicht einfach irgendwelche Faits divers; das Ereignis sollte vielmehr zum Anlass genommen werden, die „apokalyptische Zeit“ zu beschreiben, in der wir leben. Im Newsroom war es laut, so dass ich keinen vernünftigen Gedanken fassen konnte. Ein Chefredaktor aus längst verflossenen Zeiten wies mich an einen ruhigeren Arbeitsplatz. Doch dort nahte nun die Dead line. Ich erwachte und sagte zu Agnes, die bereits dabei war, das Boot für unseren Trip nach Jacksonville vorzubereiten: „Warum muss man immer noch arbeiten nachts, wenn man längst pensioniert ist.“

Unwillig und noch immer ausser mir von dem Traum mit der Ueberschwemmung trank ich Kaffee und machte mich bei den weiteren Vorbereitungen nützlich. Ich hatte am Abend eine exzellente Analyse meines Kollegen Robert Mayer gelesen zur Krise des Euro, so erinnerte ich mich nun, während ich die Anoden aus dem Wasser nahm. Wahrscheinlich hatte mir dieser Bericht den Albtraum zugefügt. Die Schlussfolgerung war voller Pessimismus, eben „apokalyptische Zeit“.
Wir verliessen Charleston Harbor nun an diesem Samstagmorgen und motorten Richtung Atlantik, wo wir unerwartet hohe Wellen antrafen. Doch auf einem Kurs von 215 (Karte) nahm Miranda die Wellen „gracefully“, wie die Amerikaner sagen. Wir setzten die Segel, nahmen die Windsteuerung in Betrieb und waren total happy, wieder segeln zu können nach dem wochenlangen „Autofahren“ im Kanal. Später am Tag drehte der Wind von Nordost auf Ost, und es wurde wärmer. Doch dann, kurz nach 23 Uhr am Samstag, fiel der Wind in sich zusammen und wir mussten motoren. Bis am Sonntag Nachmittag, als wir in Jacksonville eintrafen. Nach gut 170 Meilen sind wir nun in unserem Winterquartier. Und planen das Neue Jahr.

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