Dienstag, 31. August 2010
Die Kerzen der Hl. Luzia
Wir sind zuerst in eine Beiz gegangen und haben dann erst nach einer halben Stunde und frisch gestärkt den „Templo“ in Angriff genommen.
Wie in vielen andern Kirchen kann man auch hier, und nun komme ich zum eigentlichen Thema, Kerzen anzünden.. Das ist eine schöne Sache. Die bereits brennenden Kerzen laden jeweils gerade zu ein, auch einen Obolus zu entrichten und mit seiner Kerze einen Wunsch in eigener Sache zu verbinden oder wenigstens an jemanden zu denken.
In der Sacre Coeur von Viana do Castelo nun erwartete uns eine Überraschung, ein, man kann es nicht anders sagen, erstaunliches Kerzensystem, eines, das punkto Effizienz und Technik alles Bekannte schlägt. Bei den Kerzen in der Kirche auf dem Hügel oben handelt sich nämlich nicht um Kerzen aus Wachs und einem Docht, sondern um elektrische Lampen, die mittels Einwerfens von Geldstücken in einen Schlitz angezündet, besser gesagt: eingeschaltet werden. Die „Lampadias" verbreiten dann einen durchaus kerzenhaften Schein, sodass ich den Trick zunächst gar nicht bemerkte. Das geniale ist, dass man mit einem 50-Cent-Stück auf einen Schlag vier Kerzen anzünden kann, mit einem Euro sogar acht. In andern Kirchen gibt es eine solche Economy of scale nicht, man muss jede Kerze einzeln zum Brennen bringen.
Warum diese technische Lösung für etwas, wo Technik doch die Gedanken stören muss an die Fürbitte? Wie erklären sich die merkwürdigen Mengen-Tarife (1 Kerze für 10 Cents, 8 Kerzen für 1 Euro - ein negativer Discount)? Wollte die katholische Kirche mit den Elektro-Kerzen nur mit der Zeit gehen? Hat also ein frommer Technik-Freak die Einrichtung des Systems innerkirchlich durchgesetzt? Was denkt die Kirche punkto Fürbitte über das unvermeidliche harte Abschalten der Kerzen statt des langsamen Niederbrennens? Fürchtet man hoch über der Stadt eine Brandgefahr – oder nur die Möglichkeit des Kerzenbetrugs? Fragen über Fragen.
Sonntag, 29. August 2010
Die Eiffelbrücke von Viana do Castelo
Die Nachkommen Eiffels versuchen in Viana do Castelo, mit einer Kleinstbrücke zu imponieren, die im Nirgenwo endet – scheinbar: In Wirklichkeit handelt es sich um eine Drehbrücke, die zum Fluss hinaus gedreht wird, um die Hafeneinfahrt freizugeben. Wenn die Segelboote passiert haben, dreht sie elegant zurück und ist wieder Abkürzungsweg zwischen zwei Beizen, ein Komfort, den wir zu schätzen wissen.
Samstag, 28. August 2010
Ein gewöhnlicher Segeltag
Dann tuckern wir aus dem Hafen und hissen in einem günstigen Moment das Grossegel. Je nach Situation und Kurs haben wir schon bald den richtigen Wind. Dann wird die Genua, das vordere Segel, entrollt. Wir segeln und schalten den Motor ab. Im ungünstigen Fall haben wir keinen Wind, weil wir uns geirrt haben. Dann muss man weiter motoren, was, je länger der Vorgang dauert, desto mehr auf die ehemals gute Laune drückt.
Im günstigen Fall tut sich in den nächsten Segelstunden nicht viel, ausser dass wir jede Stunde die Position im Logbuch eintragen und je nach Strömung oder Wind den Kurs anpassen und die Segel trimmen. Manchmal steuern wir selbst, manchmal lassen wir die Windsteuerung arbeiten. Wenn der Wind stärker wird, müssen wir relativ schnell reffen bei unserer Ovni, also Segelfläche verkleinern, sonst wird der Ruderdruck zu gross. Wenn der Wind nachlässt, wird wieder ausgerefft.
Immer hält eins von uns Ausguck: Gefürchtet sind Netze von Fischern, deren Fischerboote selbst, Schnellfähren und Frachter. Je nach Wellengang, Wind und gesegeltem Kurs ist es im Cockpit komfortabel oder mühsam zum Sitzen und Steuern. Auch die Zeit vergeht je nach Gesprächsthema und sonstigen Ereignissen („Sieh mal, Delphine!“) schnell oder halt langsam, sodass wir die Langeweile mal mit einem Nickerchen überbrücken oder eine Cola holen oder ein Sandwich essen oder ein Guetsli - oder auch nur die Sonnenbrille suchen, die irgendwo verlegt wurde. Andere lesen, hören Musik oder häkeln Tischdecken.
Am späteren Nachmittag kommt das Ziel in Sicht und das Fernglas zum Einsatz für die Ansteuerung. Kurz vor dem neuen Hafen wird der Motor gestartet, die Genua eingerolllt und das Grosssegel herunter genommen. Fender und Leinen sollten möglichst ohne Hektik vorbereitet werden. Dann legen wir an, meist an einem Steg. Das Boot wird mit den Leinen vertäut, das Grossegel eingepackt. Dann kriege ich ein Bier, und wir überlegen uns, was wir am Abend machen wollen. Voilà: ein ganz gewöhnlicher Segeltag.
Auf langen Distanzen ist alles gleich, aber auch ein bisschen anders. Doch davon ein andermal.
Freitag, 27. August 2010
Der Nordwesten Spaniens: Gijon bis Bayona
Was ist unsere Bilanz? Die Nordwestecke ist ein ideales Segelrevier: das Azorenhoch beschert im Sommer stetige, nordöstliche Winde. Das bedeutet, dass von Ost nach West segeln sollte, wer am Ende von Ferien wieder nach Frankreich zurück muss. Für alle, die wie wir weiter südlich wollen, ist die Richtung eh klar. Das Klima ist dank des Windes angenehm, so um 25 Grad herum, bei meist wolkenlosem Himmel. Im Landesinnern kann es aber, wenn die Meerbrise fehlt, recht heiss sein. Verschätzt haben wir uns bei der Umrundung des Caps Finisterre; wir warteten zu lange, bis dann in der zweiten Augusthälfte die Winde nachliessen, weil das Azorenhoch von heranrückenden Tiefs nach Süden gedrückt wurde. Die Folge war, dass diese Tiefdruckgebiete hier südliche und südwestliche Winde bringen - oder es gar keinen Wind gibt. Wir mussten viel motoren. Andere Boote sind vor uns südlich gegangen und hatten bessere Verhältnisse.
Donnerstag, 26. August 2010
Die Hochzeitsgesellschaft
Zwei Tage später muss ich noch einmal nach Vigo, um die bestellten Seekarten abzuholen. Es ist kurz nach 18 Uhr und weil mir der Bus um 18.15 Uhr nach Bayona gerade abgefahren ist, gehe ich erneut in die „Sumatra“-Bar. Wieder läuft die TV-Serie. Und ich muss sagen: es ist einiges gegangen. Die Schwester der Braut, die gerade noch Sauerstoff haben musste, ist bestens genesen und befindet sich zu Hause, ebenfalls in einer Villa, und erst noch mit offenen Obergeschoss, wo sich ihr Schlafgemach befindet. Die Kamera zeigt die Frau mit üppigem Decollete auf ihrem Doppelbett, wie sie nach ihrem Handy greift und den Bräutigam von vorhin anruft - offenbar ein Mann in leitender Stellung, jedenfalls sehen wir, wie er den Anruf am Schreibtisch sitzend entgegen nimmt. Die Genesene räckelt sich während des Gesprächs in den seidenen Kissen und der Mann scheint von ihrem Anruf sehr angetan. Wir ahnen, was kommt in den nächsten Folgen.
Gadgets
Das Gadget du jour aber ist die WLAN-Verstärker-Antenne. Weil alle in den Häfen im Internet sind, findet unter den Empfängern ein dauernder Kampf statt um die Verbindungen, den man nur gewinnen kann, indem man ein starkes Signal empfängt und aussendet. Wehe dem, der glaubt, ohne auszukommen: lange Ladezeiten für simple Seiten sind die Folge. Wir behelfen uns seit kurzem mit einem USB-Stick von Belkins, der – so empfahl man uns bei FNAC – etwas stärker sei als gewöhnliche Sticks - die Verstärker-Antenne des armen Mannes sozusagen. Wir hängen das Ding zwecks besserer Leistung nach draussen. Geht auch - - - aber vielleicht schaue ich doch einmal im Bootskatalog nach, was so eine WLAN-Antenne kosten würde. Blättern im e-Katalkog funktioniert nämlich nicht, dafür ist unsere Verbindung zu träge.
Dienstag, 24. August 2010
Die Pinta
Frage nun: Welche der Errungenschaften von heute hat die Chance, in 518 Jahren, also im Jahr 2528, noch genau so modern zu sein wie am Tag ihrer Entdeckung? Windows? Penicillin? Oder ist es der Sparschäler?
Regen aus der Spraydose
Zu dem Regen kommt ein Nebel, der die höher gelegenen Häuser des Hafenortes und die nahen Wälder in ein weisses Grau taucht. Manchmal guckt die Sonne durch, doch dann gewinnen Nebel und Sprayregen erneut die Oberhand. Dazu bläst zeitweise ein heftiger Wind aus Süden. Komisch eigentlich, dass dieser den Nebel nicht vertreibt.
Insgesamt eine unbekömmliche, aber temperaturmässig angenehme, nämlich warme Wetterlandschaft in dem kleinen Hafen, wo heute nur wenig Boote herein kommen und niemand den Hafen verlässt. Es ist das erste Mal, dass wir am Abend die Happy hour vom Cockpit in den Salon verlegen müssen. Doch gleich bereuen wir es, denn nun ist die Regenspraydose plötzlich leer und die Holzsitzbänke des Bootes sind bereits wieder trocken.
Montag, 23. August 2010
Pilgerreise
Ich hatte mir Santiago als beschaulichen Wallfahrtsort vorgestellt und muss nun erkennen, dass wir in einer Stadt mit knapp 100 000 Einwohnern angekommen sind. Von einer Kathedrale ist partout nichts zu sehen. Und so stellt sich bei der Annäherung an die berühmte Pilgerstätte auch kein Gefühl von Ergriffenheit oder Demut ein.
Nach ein paar Irrungen und Wirrungen finden wir dann den letzten Kilometer des Jakobswegs (oder der Jakobswege, denn es gibt viele in ganz Europa) ; der Weg führt durch eine gepflästerte Altstadtgasse, wo sich Touristenläden und auch ein Döner niedergelassen haben. Hin und wieder sieht man nun die Türme, fast auf Augenhöhe, da sich die Kathedrale offensichtlich nicht auf der Spitze des Stadthügels befindet, sondern etwas unterhalb.
Und in der Tat: Ganz am Schluss zweigt man von der Gasse ab, geht einen Weg leicht bergab und durch einen tunnelartigen Torbogen hindurch. Wie man aus dem Tor tritt, kommt ein riesiger Platz in Sicht. Und nun stelle ich überrascht fest, dass ich die Kathedrale bereits passiert habe. Erst wie ich über die linke Schulter zur Seite blicke, sehe ich das verschnörkelte Ungetüm schräg hinter mir. Eine verpasste Ankunft sozusagen.
An der Kathedrale haben sich – ganz im Gegensatz zum Klinikum – unzählige Steinmetzen während Jahrhunderten ausgetobt. Die Schönheit erschliesst sich nicht beim Anblick des ganzen, das schwer und überladen wirkt, sondern im Detail, den in Stein gehauenen, wunderschönen Gestalten und Gesichtern an den Fassaden.
Hunderte Touristen halten sich in der Mittagssonne auf dem Platz auf und versuchen, aus kurzer Distanz sich selbst plus die Kathedrale auf ihre Digikameras zu kriegen. Die Pilgerinnen und Pilger, die den Weg gewandert sind, finden wir erst in einer Seitengasse. Dort stehen sie an, um ihr Gepäck in einem zentralen Gepäckraum abzugeben. Etwa 300 Wanderinnen und Wanderer sind es, die ihr Ziel erreicht haben, die meisten müssen so um die 30- bis 40jährig sein. Sie werden nach der Gepäckabgabe noch einmal stundenlang anstehen müssen, weil die Besucher nur durch das Nadelöhr einer Sicherheitskontrolle in die Kathedrale eingelassen werden.
Wir haben keine Lust auf Anstehen und besuchen statt der Kathedrale das moderne Pilgermuseum, wo ein Künstler eine Installation zeigt, die den Usern von Googles Streetview merkwürdig bekannt vorkommt: Der Videoartist hat 5000 km des Jakobswegs erwandert und alle 11 Sekunden mit einer Kamera ein Bild ausgelöst und daraus dann eine Installation auf mehreren Videowänden zusammen gestellt. Es ist eine un-beschauliche Reise im Zeitraffer, die den Besucher mitten durch europäische Einfamilienhaussiedlungen, auf Waldwegen und entlang von Autostrassen genau dorthin führt, wo er sich befindet: nach Santiago.
Donnerstag, 19. August 2010
Blazer
Und nun liegt es querab im Dunst, das Meer eine ölige Fläche, kein
Zeichen von Verschmutzung, sondern von absoluter Flaute. Wir motoren
nach Portosin, wo am Abend britische Gentlemen in Blazer und Kravatte
sich auf ihren Hallbergs und Najads zum Pre-Dinner-Drink treffen. Wir
fühlen uns in unseren T-Shirts geradezu wieder jung. Und ich sage zu
Agnes: "Auch mit Blazer und Kravatte ist eine Flaute eine Flaute."
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Mittwoch, 18. August 2010
Privates und öffentliches Bauen
Auch der Staat hat im immer vollen Euro-Kreditopf kräftig zugelangt, aber man muss sagen: das Geld wenigstens nicht einfach verpulvert: Wo immer wir hinkommen, sind Trottoirs erneuert worden, gibt es schicke neue Strandpromenaden, in Städten wie La Coruna fahren moderne Busse, hat es zürcherische, nämlich unterirdische Entsorgungcontainer. Kein Vergleich etwa mit amerikanischen Städten, wo die Infrastruktur verlottert oder bestenfalls von privaten Sponsoren vor dem Verfall bewahrt wird. Schon fast schweizerisch geht es hier punkto öffentlichen Geldausgebens zu und her. Selbst im kleinen Hafen von Camarinas ist Luxus vom feinsten (Bild links) hingestellt worden, eine moderne kleine Brücke nämlich, die über eine alte Hafeneinfahrt führt, das Geländer aus modernstem Glas, schön gearbeitete Gehfläche – alles nur, um uns statt des etwas längeren Fussweges entlang der Hafenmauer, eine Abkürzung zu bieten.
Ankommen
Ankunft hingegen ist ein Fest. Was gibt es Schöneres, als nach einem
Thörn an einem unbekannten, verheissungsvollen Ort einzutreffen.
Die Ankunft vollzieht sich als ein Prozess der Annäherung. Erst sieht
man in einer weiten Ferne, im Dunst, das Land, man glaubt es mindestens
zu sehen, denn die Umrisse verschwinden immer wieder, bis dann doch klar
wird: Doch, das muss Land sein. Dann werden Umrisse der Küste sichtbar,
oder einer Insellandschaft, dann vielleicht Felsen, ein Strand, Bäume,
Gebäude, vor allem Türme, und irgendwann holt man das Fernglas, weil man
es nun doch genauer wissen möchte: Eine Ansteuerungstonne müsste zu
sehen sein. Müsste, aber wo ist sie? Es ist zum Verzweifeln. Aber das
ist immer so, wenn man dorthin guckt, wo man meint, man müsse etwas
sehen. Und nicht dorthin, wo sich die Tonne nach Karte und eigenem Kurs
pflichtgemäss niedergelassen hat.
Nun nähern wir uns dem Hafen, meist sieht man die Masten der bereits
angekommenen Boote zuerst -- und dann geht alles schnell. Wir sind da,
und beginnen, die Ankunft in höchstem Masse zu geniessen. Je länger wir
unterwegs gewesen sind, desto intensiver ist das Erlebnis der Ankunft
und desto länger dauert die Freude. Als Faustregel würde ich sagen: Pro
Tag auf See ergibt sich eine Stunde Ankunftsgenuss. Ich glaube, wenn es
das intensive Gefühl des Ankommens nicht gäbe, niemand würde sich die
Mühe machen und eine Schiffsreise unternehmen.
Dienstag, 17. August 2010
Pinkeln
Jetzt ist der Moment da, wo wir das Meer mit einem satten Strahl beeindrucken möchten. Meistens kommt aber gar nichts, weil wir mit der Haltehand zuerst den eigenen Stand an der Reling stabilisieren müssen. Und dann kommt immer noch nichts, aber im Cockpit hat jemand Mitleid und von dort ertönt ein aufmunterndes „Pssipssipspsiii“, wie man es bei Kleinkindern erfolgreich anwendet.
Und siehe da: Der Stand ist nun fest und man...ja was nun? Kein satter Strahl erscheint, sondern lediglich ein bogenartiges Wässerchen, das bei allen Männern gleich dürftig ist, unabhängig von Alter, Testosteronspiegel, gesellschaftlichem Rang oder gesegelten Meilen. Es ist immer ein durch die Fallhöhe bedingtes, etwas lächerliches Wasserbögelchen, was produziert wird: „Brünzeln“ sagt man auf Schweizerdeutsch.
Und das wär’s dann auch schon. Nun versorgt man das Enlargement wieder hinter den drei Textilien und geht zurück ins Cockpit, wo einem in dem Moment nie etwas Intelligentes zu sagen einfällt. Weil aber nicht einfach gschwiegen werden kann, sagt man beim Zurückkommen: „Sooo“, oder “Sooseli oder auch nur „Okeiii“. In dieser leichten Verlegenheit ist es am besten, man nimmt gleich eine Büchse Cola und beginnt den Kreislauf des Hineinschüttens und Herausbrünzelns von neuem.
Montag, 16. August 2010
Von La Coruna nach Camarinas
Freitag, 13. August 2010
Das Wetter III
Donnerstag, 12. August 2010
Das Wetter II
Dienstag, 10. August 2010
Das Wetter
Wettervorhersagen bekommen wir von Meteo France via das Internet und jeweils um 20.03 Uhr abends von France Inter. Zusätzlich laden wir Grib-Files herunter (Bild rechts), die wir unterwegs auch per E-Mail anfordern können via unser Satellitentelefon.
Grib ist das Format, auf dem alle Wetterprognosen basieren, auch jene der Wetterfeen vom Dach von SF-Meteo. Die Grib-Daten, die wir von www.grib.us gratis beziehen, basieren auf Modellen des US-Wetterdienstes NWS. Die Erfahrung zeigt, dass rein rechnerische Modelle sich auf 7 Tage hinaus grob irren können, aber die Irrtümer jeweils dann im Verlaufe der kürzer werdenden Vorhersagefristen korrigieren. Im Frühsommer zum Beispiel sah der Grib einen Hurrikan in Florida voraus, der rasch nordostwärts ziehen würde. Eine 7-Tage-Mär, die sich gottseidank buchstäblich in Luft auflöste. Je kürzer aber die Vorhersagen, desto besser sind sie. Auf drei oder vier Tage hinaus würde ich dem Grib blind vertrauen.
Was Wetterkarten, die von MeteorologInnen angefertigt werden, aber weiterhin unschlagbar macht, sind Angaben über Art und Verlauf von Fronten. Das kann Grib nur rudimentär und deshalb brauchen die MeteorologInnen den Grib bis auf weiteres nicht zu fürchten.
"Over Budget"
Was ist ein guter Name? Darüber gibt es fast soviele Meinungen wie Namen. Bewährt hat sich, dass Fahrtenboote so heissen sollten, dass sie in allen Sprachen gut ausgesprochen und (über Funk) verstanden werden können. Weiter sollten Boote nicht so benannt werden, dass sie den Wind herausfordern; eine „Sturmbezwinger“ würde die Götter der Meere, die uns wohl gesinnt sind, beleidigen. Abzuraten ist auch davon, Bootsnamen zu wählen, die an einem bunten Abend ausgeheckt worden sind: „Over Budget“ tönt mit ein paar Promillen im Hirn ganz lustig – aber wer will jahrelang mit diesem Scherz leben? Auch ambitiöse Namen sind problematisch, wenn dann mit einer „World Conquerer“ das Hafenmanöver misslingt.
Unsere Boote heissen „Morning Cloud“ in der Kategorie Gummiboote, mittlerweile „Morning Cloud III“, dann „Solaire“ und eine zweite „SolaireToo“. Nun wäre „Solaire III“ fällig gewesen, aber die (zweite) „Miranda“ des früheren Eigners hat uns so gut gefallen, dass wir von einem Umtaufen der "Miranda II" abgesehen haben - ein Aberglaube übrigens, dass Umtaufen Unglück bringt. Wenn dem so wäre, gäbe es jeden Tag Havarien in Serie.
Montag, 9. August 2010
Sprösslinge
Sonntag, 8. August 2010
Goldschatz
Bis in die siebziger Jahre fuhr in Zürich ein Tram zwischen Hauptbahnhof und Kirche Fluntern, das die Zürcher „Goldschatz“ nannten. Das geniale an dem vergleichsweise kleinen Gefährt der Linie 6 war, dass man kurz vor einem Halt die Türen von Hand öffnen konnte, dann setzte man einen Fuss auf das unterste Trittbrett, schwang den zweiten kühn in der Luft, um kurz vor dem Halt des Trams an der Haltestelle „Platte“ abzuspringen. Sprang man zu früh, war die Landung hart, kam man zu spät, war’s kein Abspringen mehr, sondern gewöhnlichstes Aussteigen. Das genau richtige Timing auf dem Nachhauseweg war somit alles, was einem von einem erfolgreichen und einem missratenen Tag trennte.
Ein solches Tram, ein Goldschatz mit Starrachse, verkehrt noch heute in La Coruna, dem Balkon zum Atlantik, wie die Stadt sich nennt, weil sie auf drei Seiten hin zum Meer offen ist. An dieser gigantischen Strandpromenade entlang gleitet die Uralt-Strassenbahn mit Klingelstrippe und Holzbänken alle 20 Minuten, jeweils nachmittags und abends, um Badewillige zu den Stränden zu bringen und die Kulturbeflissenen zum Leuchtturm „Hercule“.
Unsere eigene Erkundungsfahrt am Sonntagnachmittag war „Goldschatz“-Feeling pur – nur dass leider auch hier, auf dem Balkon zum Atlantik, Fortschritt und Sicherheitsdenken Eingang gefunden haben und die Türen im Jahr 2010 obligatorisch elektrisch geöffnet werden. - - - Schade, denn das richtige Timing beim Abspringen ist alles – und, ich schwör’s, das verlernt man nie.
Freitag, 6. August 2010
Nick Hornby
In den Zeiten von Amazon-Bestellungen hat sich in La Coruna ein erstaunliches Business-Modell bewährt: Jeden Abend öffnen gut zwei Dutzend Buchhändler an der Avenida do Alcalde ihre Marktstände und bieten Gebundenes und Gedrucktes feil, als handle es sich um Gemüse und Früchte.
Der Büchermarkt zieht viele Passanten an, die durch die Stadt flanieren. Erst wer sich den Ständen nähert, erkennt eine klare Spezialisierung.. Die einzelnen Marktfahrer halten nämlich in ihren Auslagen je ein nur kleines Sortiment bereit, doch ihre Werke scheinen mit Sorgfalt und Kennerschaft ausgewählt: klassische Romane, Comics, Kinderbücher, dann Bildbände, erstaunlich viele Kopien wertvoller Bibeln, auch Werke über die Bäume und Pflanzen Galiziens, Reisebücher.
Meine Entdeckung: Ein kleines Buch von Nick Hornby, wo ich doch alle seine Sachen gelesen habe; ein Script, genauer gesagt, zu seinem Film „An Education“. Ich setze mich sofort auf den Rasen, der Trottoir und Strasse trennt, und beginne die Einführung zu lesen, eine Art Essay über die Entstehung des Films. Hornby ist auch in dem kleinen Prosastück ein wahrhaft genialer Schreiber/Erzähler, der Worte aneinander fügt wie ein Eisläufer seine Pirouetten, sie zu Sätzen und Kapiteln verbindet – eine einzige Kür mit immer neuen Varianten, Einfällen und Wendungen, von denen ich nie genug bekommen kann.
Donnerstag, 5. August 2010
Von Viveiro nach La Coruna
Die Liveabords, für die es kein Zurück gibt, sind unter sich. Man kennt ihre Schiffe unter anderem daran, dass sie Paddel, Leitern, Ersatztanks, auch Reusen zum Krabbenfischen und Surfbretter auf Deck verstaut haben. Und tagsüber oft frisch gewaschene Wäsche von irgendwelchen Leinen flattert. Nach Nationen betrachtet führen in La Coruna die Skandinavier, dann kommen Engländer, Holländer und Franzosen, ein paar wenige Deutsche - und wir.